Wirtschaftliches Wachstum ohne Gewinner!?
Sicher lesen wir seit vielen Jahren nahezu wöchentlich vom Ende des Kapitalismus. Ich möchte mich in diese Debatte und vor allem die Begrifflichkeiten gar nicht groß einmischen. Zu willkürlich, zu wenig individuell empfinde ich derlei Betrachtung. Dazu kommen Ideologien und verdeckte Absichten (z.B. die eigene Wiederwahl) die es mir zunehmend schwer machen, dem politischen und wirtschaftlichen Diskurs auf Augenhöhe zu folgen oder ihm gar zu trauen.
Nur logisch also, dass ich wie so oft mehr meinen eigenen Erfahrungen nachgehe. Umso mehr, als diese mich bisher nicht im Stich gelassen haben. So hatte ich heute den entscheidenden Gedankenansatz für diesen Beitrag auf dem Spielplatz beim Schaukeln mit unserem Jüngsten:
Unser Dogma Wachstum produziert keine Gewinner mehr
Ob und wieviel Wachstum wir als Volkswirtschaft produzieren ist am Ende egal, wenn dieses Wachstum keine Gewinner mehr kennt, sprich niemand deswegen glücklicher, zufriedener, ausgeglichener, kreativer wird oder einfach auf seinem persönlichen Weg als Mensch voran kommt. Natürlich würden viele von einem höheren Gewinn (gerne auch Arbeitslohn) profitieren, sie bekommen ihn aber nicht. Und diejenigen die ihn bekommen, haben streng genommen keine Verwendung dafür – außer es weiter zu vermehren. Dieses System wirkt mit etwas Abstand betrachtet, als hätten es Geisteskranke erfunden.
Die zuletzt häufiger gescholtenen, jungen Menschen in unserem Land haben hier eine durchaus realistische Einschätzung entwickelt. Natürlich profitieren viele von den Annehmlichkeiten eines ökonomisch gut gesicherten Elternhauses. Und dennoch: Ich sehe unsere bisherige Wirtschafts- und Finanzordnung auf der Zielgeraden zum Kollaps bzw. Neubeginn. Zeitlich vermag ich das nicht einzuschätzen, mit dem Bewusstsein für unsere Umwelt kam aber ein neues Attribut in das Spiel, welches wir – im Gegensatz zu uns Menschen nicht manipulieren können. Shit In – Shit Out sagen wir in der IT. Übersetzt, wenn wir den Planeten treten, tritt er zurück. Unserer Erde ist es dabei völlig egal an welchen Gott du glaubst oder welche Farbe du auf Wahlzetteln ankreuzt. Sie interessiert sich weder für Länder oder Territorien, noch für Regierungen und Unternehmen. 1kg Umweltverschmutzung wirkt in China nicht anders als in Deutschland.
Vor diesem Hintergrund haben wir schlicht keine Zeit mehr, uns kleingeistig in Kriegen um Rohstoffe, Deutungshoheit oder beliebigen anderen Spielarten der Macht hinzugeben. Mit dem Internet wurde der Einzelne, das Individuum ermächtigt seine Stimme zu erheben, anstelle sie nur alle paar Jahre einmalig an einer Urne abzugeben.
Gefühlt scheint der Kipppunkt erreicht. Selbst wenn wir auf den eingangs erwähnten Wachstumspfad zurückkehren wird dieser keinen Eigen-Antrieb generieren, weil der Anteil Profiteure dieses Systems inzwischen einfach zu klein geworden ist. Selbst die wirtschaftlichen Gewinner in ökonomischer Hinsicht hinterfragen an vielen Stellen den Nutzen.
Was wir meines Erachtens brauchen ist ein Neuanfang, weg von Wachstum und einer ewigen Dynamik die wir weder ökonomisch noch ökologisch auf Dauer aushalten können. Schwer vorstellbar, wenn Robert Bosch oder Conrad Röntgen heute auf der Suche nach Investoren in der „Höhle der Löwen“ auftreten müssten. Am Ende ist die Show eben doch nicht alles.
Wir müssen zurück an den Punkt, wo wir unsere tatsächlichen Bedürfnisse (die immer einmalig, individuell zu definieren und fortlaufend anzupassen sind) der puren Gier (ich will alles, wird dann schon richtig sein) vorzogen. Wir müssen ein Finanz- und Wirtschaftssystem finden, bei dem leistungslose Einkommen durch Spekulieren usw. für den bewusst nicht gierigen Menschen verzichtbar werden, weil es ein Geldsystem mit risikofreiem Wertaufbewahrungscharakter gibt. Ohne Inflation braucht es dafür keinen Zins!
Der Staat mit seinen Organen muss wieder zu einer gemeinschaftlichen, vertrauensvollen Vertretung der Menschen werden und nicht über, sondern in ihrem Sinn regieren. Ich brauche bestimmt keinen Kinderbuchautor in der Politik, der meint, mir erklären zu müssen warum ich nur so wie er denkt ein Haus ökologisch beheizen kann. Schaffen Sie einen Rahmen in dem erwähnter Herr Röntgen oder Bosch Lösungen entwickeln und erfolgreich marktwirtschaftlich anbieten können. Schaffen Sie Infrastruktur und kümmern Sie sich um funktionierende Schulen und ein akzeptables Gesundheitssystem.
Das ist natürlich nichts um Wahlern zu gewinnen, es ist weder plakativ noch mit ein bis zwei Buzzwords zu vermarkten. Es ist das, was wir Wirtschaftsteilnehmer jeden Tag tun: Anstrengend und oft ein wenig langweilig. Es ist genau die Art von Job, die einfach gemacht werden muss! Dieses Tun wird derzeit in einem Ausmaß behindert, wie ich es seit dem Start meiner Selbständigkeit vor inzwischen gut 25 Jahren nicht erlebt habe.
Selbst wenn ich als Ursache Kriege und anderen geistigen Durchfall dummer alter Männer in Betracht ziehe, es ist und war unsere Politik mit ihrem kurzsichtigen, fachlich katastrophalem Handeln das die Probleme massiv verstärkt hat. Als Beispiel sei die E-Mobilität wie auch das Heizungsthema genannt. Von den politischen Schandtaten an unseren Kindern während Corona, vor allem aber die unterdrückte und somit nicht stattfindende Aufarbeitung, geben mir wenig Hoffnung auf Besserung beim nächsten Ereignis.
Die großen Themen, die es in die Tagespresse schaffen sind aber nur die Sahne auf einem viel größeren Problemkuchen. So ganz langsam bemerken mehr und mehr Menschen, dass dieses Land nicht von ein paar DAX Konzernen und Banken getragen wird. Es sind die Unsichtbaren, die Handwerker, Mittelständler usw. Müßig das immer wieder zu erwähnen, leider weiterhin notwendig. Wir können nämlich nicht mehr! Und wir wollen an manchen Stellen auch nicht mehr.
Was viele ältere Arbeitnehmer (ich gehöre selbst inzwischen dazu) nur schwer erkennen: Die Jungen wollen schon, aber nicht wie bisher. Das begreifen viele Unternehmer nicht und denken mit 2 Social Media Kanälen könne man die Jungen schon irgendwie erreichen – und ansonsten weiter machen wie bisher. So stehen wir uns gegenüber, anstatt gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Intellektuelle Träumer ohne wirkliche Kreativität auf der einen Seite und die Masse der Wirtschaftsteilnehmer, die diesen Unsinn bezahlen und ausbaden müssen.
Ich wünsche mir daher ein mehr Freiheit und Selbstverantwortung für den Einzelnen, ganz im Sinne eines Ludwig Erhard.
„Wer die Freiheit und Verantwortung des Einzelnen fördert, muss sich viel weniger Gedanken um Pflichtvorgaben und Gesetze machen.“
Vor allem aber muss ich als handelnder Politiker bereit sein, den damit einhergehenden Machtverlust hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund wird auch schnell klar, warum die oft gleichartigen Stereotype im politischen Alltag zu finden sind.
Zum Ausblick:
Wir müssen gut auf unsere Demokratie aufpassen, um sie nicht durch totalitäre Regierungsformen zu ersetzen. Der Widerspruch muss sich durch Taten und weit weniger durch Worte äußern. Wir müssen ein Wirtschaftssystem entwickeln, das durch die Abkehr vom „Ständig mehr“ Ressourcen schont und vorausschauend entwickelte Langlebigkeit von Produkten fördert.
Das ist unsere Chance, das ist was wir wirklich können. Auch der Preis eines Produktes wird dann weniger wichtig, wenn Reparatur und eine mit viel Weitblick entwickelte Nutzung gegeben sind. Umweltschutz ist es, den Golf aus 1985 weiter zu fahren und nicht staatliche Förderung für 3,5 Tonnen Elektro SUV zu fordern. Neues dann, wenn Altes sinnhaft zu ersetzen ist. Nicht altes gehen lassen, weil wir ständige Neues benötigen um das System nicht kollabieren zu lassen.
Im Politischen müssen unsere Vertreter dahin, den Rahmen zu bereiten. Habecks imitierte Pseudo-Planwirtschaft hat in den vergangenen 100 Jahren in keinem Land der Erde funktioniert. Die Politik sollte sich um Infrastruktur und ganz allgemein, um ein gemeinschaftlich zu finanzierendes „Grundsortiment“ kümmern. Die konkrete Ausgestaltung muss den Unternehmen und ihren Mitarbeitenden unterliegen. Vielfalt ist Gebot der Stunde – eigentlich ohnehin immer und überall.
Und zu guter Letzt müssen wir eine Möglichkeit finden, den spekulativen Kasino-Anteil unseres Finanzsystems auszugliedern, um den vielen Menschen die nicht daran teilnehmen wollen, dennoch eine zuverlässige Wertaufbewahrung und Tauschmittel bereit zu stellen. Warum verdient man ausgerechnet in den Branchen mit dem größten gemeinschaftlichen Schaden, die höchsten Gehälter?
Fazit:
Qualität statt Quantität. Vielfalt fördern statt Monokulturen subventionieren. Es sind eben jene beiden Zutaten – Vielfalt und Qualität die es uns ermöglichen werden kürzer zu treten (im Sinne verbrauchter Ressourcen) – ohne dabei zu verzichten.
Es ist meiner Ansicht nach die einzig verbleibende Option, um das Ruder rumzureißen. Um unseren Planeten müssen wir uns dabei wirklich nicht sorgen, für den sind wir bestenfalls ein Wimpernschlag in seiner Geschichte. Es gab ihn lange vor uns und wird ihn lange nach uns geben. Die Zerstörung unserer Umgebung aber weiterhin fortzusetzen, ohne dabei relevante (heißt für sich selbst als bewusste Überlegung gewollte) Gewinne zu erwirtschaften wird in einem Universum dass dem genialen Grundsatz Aktion = Reaktion folgt, vollkommen schief gehen. Es bedroht uns als Menschheit im Ganzen. Viele von uns spüren diesen Widerspruch bereits, auch wenn nicht jeder das für sich einzuordnen vermag. Bleiben Sie am Ball und lassen Sie sich kein X für ein U vormachen!